Bernau im 19. Jahrhundert: Aufschwung & Wachstum
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam das ohnehin zögerliche Wachstum Bernaus nahezu zum Erliegen. Die Stadt zählte damals etwa 300 Häuser und rund 1.800 zivile Einwohner. Im Zuge der Napoleonischen Kriege wurde Bernau von französischen Truppen besetzt, was die Bevölkerung stark belastete. Die Bürger waren wiederholt gezwungen, Soldaten aufzunehmen und zu versorgen. Allein zwischen 1807 und 1808 mussten fast 85.000 Militärpersonen und über 20.000 Pferde untergebracht werden – eine enorme Last für die ohnehin verarmte Zivilbevölkerung, die bis zum Ende der Befreiungskriege anhielt.
Erst allmählich begann sich Bernau von diesen Strapazen zu erholen. Die Bevölkerungszahlen stiegen wieder, und im Jahr 1830 lebten bereits knapp 3.000 Menschen in der Stadt. Die Weberei, einst ein bedeutender Wirtschaftszweig, erlebte eine neue Blüte – insbesondere die Samt- und Seidenweberei entwickelte sich weiter. 1836 erfuhr man in Bernau vom geplanten Eisenbahnprojekt Berlin–Stettin und bemühte sich erfolgreich darum, Stationsort zu werden. 1842 erhielt die Stadt ihren Anschluss an eine der ersten Fernstrecken im deutschsprachigen Raum. Damit begann eine Phase konstanten Wachstums: Innerhalb von 40 Jahren verdoppelte sich die Einwohnerzahl. Ab den 1860er Jahren wurden große Flächen außerhalb der Stadtmauer bebaut, neue Chausseen angelegt und ganze Stadtteile erschlossen – der heutige Gründerzeitring nahm Gestalt an.
Mit der Reichsgründung 1871 wurde Berlin zur Hauptstadt des neuen Deutschen Kaiserreichs. Bernau profitierte von der Nähe zur Metropole: Die Zahl der Ausflugsgäste stieg, ebenso wie der Zuzug von Menschen, die ein ruhigeres, aber dennoch lukratives Leben außerhalb der Großstadt suchten. Während es 1860 nur elf Gasthöfe und Restaurationen im Stadtgebiet gab, hatte sich diese Zahl bis 1894 bereits verdreifacht. Gartenlokale, Tanzsäle und vielfältige Freizeitangebote kamen hinzu. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zählte Bernau rund 8.000 Einwohner.