Museum im Steintor
Am 15. Mai 1882 wurde das Bernauer Heimatmuseum als das „erste Hussitenmuseum“ der Welt eröffnet. Zwar war schon 1880 in Tabor das heutige Hussitenmuseum entstanden, doch dieses hieß damals noch Heimatmuseum. Anlass waren zwei große Jubiläen: 650 Jahre Stadtgründung und 450 Jahre Hussiten vor Bernau.
Die markante Erscheinung des Steintores, welches in seiner ganzen Wucht und Schönheit am östlichsten Ende der Berliner Straße zu finden ist, wurde in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu einem Wahrzeichen der Stadt Bernau bei Berlin. Als letztes von vormals drei Stadttoren war es ein Teil der Befestigungsanlage Bernaus.
Aufgang zum Museum — Unterer Wehrgang
Steile, kurze Stufen und ein verwinkelter, enger Gang führen hinauf in das alte Stadttor. Dabei lohnt ein Blick in den unteren Wehrgang, ein enger, niedriger Gang, der mit mehreren Schießscharten versehen, der Verteidigung diente. Am Ende des Ganges befindet sich eine kleine Kammer, das sogenannte "Armesünderstübchen". Hier verbrachten die zum Tode verurteilten ihre letzten Tage. Heute ist im unteren Wehrgang eine Armbrustanlage installiert, die für museumspädagogische Angebote genutzt wird.
Oberer Wehrgang
Der obere Wehrgang gehörte vom 15. bis zum 17. Jahrhundert zum System der Torsicherung. Zugleich war er der Verbindungsweg zwischen Torbau und dem so genannten Hungerturm.
Der ursprünglich beabsichtigte Charakter des Museums als Waffenmuseum ist hier, auch wenn die Ausstellung mehrfach umgestaltet worden ist, erhalten geblieben. Der Grundstock der Sammlung von Schussgeräten wurde 1925 durch Feuerwaffen aus dem Bestand des Berliner Zeughauses ergänzt. So wurde es möglich, die Entwicklung von der Armbrust bis zum Repetiergewehr umfassend zu verdeutlichen. Dabei erweisen sich die gezeigten „Gewaltwerkzeuge“ sowohl als Zeichen für die Entwicklung der Technik und des Handwerks als auch als Mahnung für uns Lebende. Bemerkenswerte Stücke in der Sammlung sind zwei Wallarmbrüste mit deutscher und englischer Winde aus dem 15./16. Jahrhundert, eine Stangen- bzw. Hakenbüchse sowie ein Jagdgewehr mit Luntenschloss aus dem 16./17. Jahrhundert. Ergänzt wird die Ausstellung durch Stangen- und Blankwaffen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert sowie durch eine Wallbüchse.
Rüstkammer
Die Sammlung mittelalterlicher Waffen, die 1714 erstmals inventarisiert wurde, hielt man für die Beutestücke, welche ein Bernauer Aufgebot 1432 bei der erfolgreichen Verteidigung der Stadt gegen einen hussitischen Heerhaufen errungen habe.
Erst 1925/26 wurde der Irrtum bezüglich der Rüstungen aufgeklärt, als sie zum Restaurieren ins Zeughaus nach Berlin kamen. Dort erkannten Spezialisten in ihnen die mittelalterliche Bewaffnung der Bernauer Bürger. In Bernau existierte eine besondere Form der „Besteuerung“ brauberechtigter Bürger, die im Verteidigungsfalle geharnischt zu erscheinen hatten. Starb aber ein brau- berechtigter Bürger, ohne männliche Erben zu hinterlassen, fiel seine Rüstung an die Stadt, welche sie in der Rüstkammer zusammen mit anderen Waffen aufbewahrte. So kann die Bernauer Harnischsammlung als Zeichen bürgerlicher Wehrhaftigkeit betrachtet werden. Sie zeugt vom Kampf gegen feudale Willkür (Raubritter) und vom Mitwirken der Stadt im Brandenburgischen Städtebund.
Handwerk und Brauchtum
Im Raum über der Wachstube werden Zeugnisse städtischen Handwerks und Brauchtums ausgestellt. Bereits im Mittelalter waren die Tuchmacherei und die Bierbrauerei die wichtigsten Bernauer Wirtschaftszweige. In der Ausstellung wird die Produktionskette vom Rohstoff wie Wolle oder Flachs zum fertig gewebten Stoff durch Werkzeuge verschiedener Gewerke präsentiert. Im Zusammenhang mit der Brauerei werden im Ausstellungsraum außerdem Handwerkszeuge des Böttchers sowie Trinkgefäße aus Zinn und Keramik gezeigt. Zusätzlich sind weitere Gewerke, wie z. B. die des Zimmermanns und des Schuhmachers ausgestellt. Zunftzeichen weiterer Innungen vervollständigen das Bild.
Hungerturm
Der Hungerturm fungierte als Wachturm und gleichzeitig als Gefängnis. Hier finden wir ein acht Meter tiefes Verlies. Der einzige Zugang war und ist das so genannte Angstloch auf der Höhe des Wehrgangs. Heute können Sie noch einen Blick ins Verlies wagen und die Reste der Winde besichtigen. Danach geht es 74 Stufen nach oben auf die Aussichtsplattform, deren Rundblick den krönenden Abschluss des Museumsbesuchs bildet.